Steuerakte: Hat der Steuerzahler ein Recht auf Akteneinsicht?

Es gibt immer wieder Fälle, in denen Steuerzahler Einblick in ihre Steuerakte beim Finanzamt nehmen möchten. Die Gründe für eine Akteneinsicht dafür können vielfältig sein. Oftmals geht es darum, ältere Werte noch einmal zu prüfen, zum Beispiel die Berechnung der Abschreibung (AfA) für ein Gebäude.

Zuweilen soll auch – in Zuge von Streitigkeiten bei der Betriebsprüfung – untersucht werden, wie das Finanzamt zum Beispiel bestimmte Kalkulationen vorgenommen hat. Oder es gibt in einer Grundstücksgemeinschaft Ärger und man möchte wissen, welche Angaben der bisherige Bevollmächtigte gemacht hat. Die Finanzämter gehen mit Anfragen auf Akteneinsicht unterschiedlich um. Viele sehen die Sache pragmatisch und gewähren die Akteneinsicht, solange keine Rechte Dritter oder das Steuergeheimnis verletzt werden. Andere verwehren die Akteneinsicht rigoros und lassen es auf ein Verfahren vor dem Finanzgericht ankommen.

Aktuell hat das Niedersächsische Finanzgericht eine höchst interessante Entscheidung gefällt. Es geht um die Frage, ob die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) einen Anspruch auf Akteneinsicht auf dem Gebiet der Einkommensteuer begründet. Die Richter haben den Anspruch zwar verneint, allerdings die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen (Urteil vom 28.1.2020, 12 K 213/19).

Der Fall: Die Kläger begehrten unter Hinweis auf die DSGVO Einsicht in ihre Einkommensteuerakte. Es sei beabsichtigt, die ursprünglich für die Kläger tätigen Steuerberater gegebenenfalls auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen. Um sich einen Überblick über den wechselseitigen Schriftverkehr, insbesondere die mit den ehemaligen Steuerberatern diskutierte Problematik verschaffen zu können, sei die Akteneinsicht erforderlich. Doch dieses Begehren wurde abgelehnt. Die entsprechende Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg.

Begründung: Die Vorschriften der DSGVO seien im Bereich des Steuerrechts nur auf harmonisierte Steuern, wie etwa die der Umsatzbesteuerung, anwendbar, nicht dagegen auf dem Gebiet der Einkommensbesteuerung natürlicher Personen. Soweit sich die Kläger auf die Selbstbindung der Finanzverwaltung berufen, vermag ihnen das Gericht ebenfalls nicht zu folgen (BMF-Schreiben vom 12.1.2018 (BStBl I 2018, 185; ersetzt durch BMF-Schreiben vom 13.1.2020).

Denn es erachte es schon nicht als zulässig, wenn die Finanzverwaltung und nicht der Gesetzgeber im Wege eines (bloßen) BMF-Schreibens den sachlichen Anwendungsbereich der DSGVO auf nicht harmonisierte Steuern ausdehnte. Die Finanzverwaltung dürfe nicht – auch nicht zu Gunsten eines Steuerpflichtigen – von gesetzlichen Bestimmungen abweichen. Insoweit können sich die Kläger mit Erfolg auch nicht auf eine Selbstbindung der Verwaltung berufen.

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Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Man darf gespannt sein, wie der BFH entscheidet. Das Finanzgericht des Saarlandes hat die Sache im Übrigen anders gesehen: Mit dem Inkrafttreten der DSGVO ab 25.5.2018 bestehe für alle Steuerpflichtigen grundsätzlich ein gebundener Anspruch auf Akteneinsicht bei der Finanzbehörde (Beschluss vom 3.4.2019, 2 K 1002/16).

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