Scheidung: Wohnungsüberlassung als abzugsfähige Unterhaltsleistung

Unterhaltsleistungen an den Ex-Ehegatten können nach der Scheidung in Höhe von bis zu 13.805 Euro als Sonderausgaben abgesetzt werden, sofern der Empfänger hierzu seine Zustimmung erteilt. Denn im Gegenzug muss er den gleichen Betrag als sonstige Einkünfte versteuern (Realsplitting nach § 10 Abs. 1a Nr. 1 EStG).

  • Zu den absetzbaren Unterhaltsleistungen nach einer Scheidung gehören alle Aufwendungen, die für den Unterhalt bestimmt sind. Ob sie auch tatsächlich vom Empfänger dafür verwendet werden, spielt keine Rolle. Es ist unerheblich, ob der Unterhaltspflichtige solche Unterhaltsleistungen freiwillig leistet oder dazu aufgrund gesetzlicher, vertraglicher oder gerichtlicher Regelung verpflichtet ist. Auch ist es ohne Bedeutung, ob es sich um laufende oder einmalige Leistungen handelt.
  • Als Unterhaltsleistungen gelten auch Sachleistungen, insbesondere der Wert der dem Ex-Ehegatten überlassenen Wohnung. Überlässt ein Steuerpflichtiger dem Ex-Gatten die Wohnung „ohne Miete“ aufgrund einer Unterhaltsvereinbarung und vermindert sich dadurch seine Barunterhaltsverpflichtung, kann er alle Aufwendungen im Rahmen des Realsplittings als Sonderausgaben absetzen (BFH-Urteil vom 12.4.2000, XI R 127/96).

Im Jahre 2020 hatte das Niedersächsische Finanzgericht einen Fall entschieden, in dem der geschiedene Ehemann seiner geschiedenen Ehefrau, die beide Miteigentümer eines Einfamilienhauses sind, aufgrund einer Unterhaltsvereinbarung das Haus zur alleinigen Nutzung überließ. Letztlich war das Urteil für den Ehemann negativ. Zwar wurde der Abzug von Unterhaltsleistungen im Rahmen des Realsplittings als grundsätzlich zulässig erachtet.

Aber: Haben die Ex-Gatten bei der Scheidung einen Barunterhalt vereinbart, auf den die unentgeltliche Wohnungsgestellung angerechnet wird, so komme ein Sonderausgabenabzug im Wege des Realsplittings nur in Höhe dieser Anrechnung – nicht aber in Höhe des Mietwerts der Wohnung – in Betracht (Niedersächsisches FG, Urteil vom 11.6.2020, 1 K 99/19).

Aktuell sieht der Bundesfinanzhof die Revision des Ehemannes aber als begründet an: Bei einer unentgeltlichen Nutzungsüberlassung handelt es sich um Naturalunterhalt, der in Höhe der ortsüblichen Miete beim Realsplitting berücksichtigt werden kann. Die ortsübliche Miete ist auch dann anzusetzen, wenn die Parteien unterhaltsrechtlich einen betragsmäßig geringeren Wohnvorteil vereinbart haben (BFH-Urteil vom 29.6.2022, X R 33/20). Allerdings trifft der BFH auch eine wichtige Differenzierung.

Der Fall: In der Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung wird ein Barunterhalt in Höhe von 600 Euro pro Monat vereinbart. Zudem wird folgende Vereinbarung getroffen: Solange die Ehefrau nach der Scheidung in der ehemals gemeinsamen Familienwohnung lebt, wird ein Anteil von 400 Euro als Wohnvorteil der Ehefrau bewertet und mithin nur ein Betrag in Höhe von 200 Euro an die Ehefrau vom Ehemann ausgezahlt. Im Rahmen der Steuererklärung legt der Mann jedoch dar, dass der Mietwert ca. 800 Euro beträgt. Demnach machte er anstatt 7.200 Euro ca. 12.000 Euro als Sonderausgaben geltend. Finanzamt und Finanzgericht lehnten diesen höheren Betrag ab, doch der BFH sieht die Sache anders.

Eine Naturalunterhaltsleistung ist im Rahmen des Realsplittings auch dann mit dem objektiven Wert anzusetzen, wenn die Parteien in einer Unterhaltsvereinbarung subjektiv einen geringeren Betrag zugrunde gelegt haben. Bezieht sich – wie im Streitfall – die Nutzungsüberlassung nur auf den dem Unterhaltsverpflichteten zuzuordnenden Miteigentumsanteil, ist der entsprechende Anteil des ortsüblichen Mietzinses anzusetzen. Die ortsübliche Miete ist auch dann anzusetzen, wenn die Parteien unterhaltsrechtlich einen betragsmäßig geringeren Wohnvorteil vereinbart haben.

Allerdings macht der BFH folgende Einschränkung: Sofern die gemeinsamen Kinder weiter in der überlassenen Wohnung verbleiben, bleibt der auf sie entfallende Wohnvorteil bei den nach § 10 Abs. 1a Nr. 1 EStG abziehbaren Unterhaltsleistungen außer Betracht. Im Urteilsfall selbst hat der BFH nicht abschließend entschieden, sondern die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen. Diese muss nun die ortsübliche Miete für die überlassene Immobilie und den auf die beiden gemeinsamen Kinder entfallenden Wohnvorteil ermitteln.

Dann gibt es noch eine weitere Besonderheit, auf die der BFH hinweist: Die Überlassung einer Wohnung an den geschiedenen oder dauerhaft getrennt lebenden Ehegatten kann auch auf einem entgeltlichen Rechtsverhältnis beruhen. Sprich: Es handelt sich bei der Nutzungsüberlassung nicht um Unterhalt, sondern um eine „echte“ Vermietung. Diese unterfällt nicht dem Anwendungsbereich des § 10 Abs. 1a Nr. 1 EStG, also dem Realsplitting, sondern ist – wie bei einer Vermietung an Fremde – bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu würdigen. Im Streitfall hat der BFH die Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung so gewertet, dass keine Vermietung im klassischen Sinne gewollt war, sondern eine Naturalunterhaltsleistung. Das kann im Einzelfall aber anders sein, insbesondere wenn explizit von einer „Wohnraumvermietung“ die Rede ist oder sich im Vertragstext die Begriffe „Miete“ oder „Entgelt“ finden.

 

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Der Bundesfinanzhof hatte im Jahre 2000 entschieden, dass der geschiedene Ehemann, der seiner Ehefrau, die beide Miteigentümer eines Einfamilienhauses sind, aufgrund einer Unterhaltsvereinbarung das Haus zur alleinigen Nutzung überlässt, den Mietwert seines Miteigentumsanteils als Sonderausgaben absetzen kann (BFH-Urteil vom 12.4.2000, XI R 127/96). Insofern ist der BFH seiner Linie treu geblieben.

 

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Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarungen werden üblicherweise von familienrechtlich versierten Juristinnen und Juristen aufgesetzt – und das ist gut so! Dennoch sollten die Vereinbarungen vor ihrer Unterzeichnung steuerlich gewürdigt werden. Das gilt insbesondere, wenn es auch um Grundbesitz geht. So können die steuerlichen Auswirkungen gravierend sein, wenn übersehen wird, dass die Vereinbarung ein steuerpflichtiges Spekulationsgeschäft auslöst. Gerade bei den zuletzt stark gestiegenen Grundstückspreisen kann eine Immobilienübertragung im Zuge einer Scheidung eine extrem hohe Steuernachzahlung auslösen.

Merke: Immobilienübertragungen im Zuge von Trennungen und Scheidungen werden von der Besteuerung nach § 23 EStG erfasst, wenn zwischen Kauf und späterer Übertragung nicht mehr als zehn Jahre liegen. Selbst wenn derjenige, der aus der Wohnung ausgezogen ist, meint, er hätte die Immobilie aufgrund eines finanziellen Zwangs übertragen müssen, hindert das die Besteuerung nicht. Also Vorsicht!

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