Grundsicherung: Neuer Rentenfreibetrag im Alter

Menschen, die nach Erreichen der Regelaltersgrenze (65 Jahre plus x Monate) oder aufgrund einer dauerhaften Erwerbsminderung ihren eigenen Lebensunterhalt nicht bestreiten können, haben beim Sozialamt Anspruch auf Grundsicherung im Alter bzw. bei Erwerbsminderung nach §§ 41 SGB XII – vergleichbar Hartz IV bei erwerbsfähigen bedürftigen Menschen.

Eigenes Einkommen wird angerechnet, wobei hier bestimmte Freibeträge gelten:

Freibetrag für Erwerbseinkommen:
30 % des Einkommens aus selbstständiger und nichtselbstständiger Tätigkeit, höchstens jedoch 50 % der Regelbedarfsstufe 1 (2021: 223 Euro). (§ 82 Abs. 2 Satz 3 SGB XII).

Freibetrag für ehrenamtliche Tätigkeiten:
250 Euro monatlich für Tätigkeiten, die gemäß § 3 Nr. 12, 26, 26a oder 26b EStG steuerfrei sind (§ 82 Abs. 2 Satz 2 SGB XII).

Freibetrag für zusätzliche Altersvorsorge (Riester-, Betriebs- oder Rürup-Renten):
Seit 2018 bleibt bei der Anrechnung auf die Grundsicherung von Riester- und Betriebsrenten sowie von Rürup-Renten ein bestimmter Betrag anrechnungsfrei, und zwar ein Sockelbetrag von 100 Euro zuzüglich 30 Prozent des übersteigenden Betrages, höchstens jedoch 50 Prozent der Regelbedarfsstufe 1 gemäß § 28 SGB XII (2021: 223 Euro). Das bedeutet: Rentner mit Grundsicherung dürfen eine Riester- oder Betriebsrente bis zum halben Hartz IV-Satz zusätzlich behalten (§ 82 Abs. 4 und 5 SGB XII).

Gibt es auch einen Freibetrag für gesetzliche Renten?

Ja, den gibt es tatsächlich seit dem 1.1.2021. Gleichzeitig mit der neuen „Grundrente“ – das ist ein individueller Zuschlag auf kleine Renten – wurde ein neuer Anrechnungsfreibetrag für Rentner in der Grundsicherung geschaffen. Voraussetzung dafür ist, dass der Rentner mindestens 33 Jahre an Grundrentenzeiten oder entsprechende Zeiten aus anderweitigen Alterssicherungssystemen hat. Dann bleibt von der gesetzlichen Rente (Altersrente, Witwenrente, Mütterrente I und II usw.) anrechnungsfrei

  • ein Sockelbetrag von 100 Euro
  • zuzüglich 30 Prozent des übersteigenden Betrages,

höchstens jedoch 50 Prozent der Regelbedarfsstufe 1 gemäß § 28 SGB XII. Das ist im Jahre 2021 ein Betrag von maximal 223 Euro monatlich. Das bedeutet: Rentner mit Grundsicherung dürfen ihre gesetzliche Rente bis zum halben Hartz IV-Satz zusätzlich behalten (§ 82a Abs. 1 und 2 SGB XII, eingefügt durch das „Grundrentengesetz“ vom 12.8.2020). Dieser Freibetrag wird zusätzlich zum „Freibetrag für zusätzliche Altersvorsorge“ seit 2018 (Betriebs-, Riester- und Rürup-Renten) gewährt.

Grundsicherung im Alter

Viele Senioren haben Anspruch auf die „Grundsicherung im Alter“, weil ihre eigene Rente für den Lebensunterhalt nicht ausreicht. Bis 2020 werden bei der Berechnung der „Grundsicherung im Alter“ Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich als Einkommen voll angerechnet. Die Einkommensanrechnung betrifft auch die Rente, die sich aus der Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten ergibt – und so auch voll die Mütterrente I und II.

Mit dem neuen Rentenfreibetrag haben nun weit mehr Rentner einen Anspruch auf einen Zuschuss vom Sozialamt. Denn der Freibetrag sorgt dafür, dass nicht mehr die volle Rente als anrechenbares Einkommen zählt. Bis zu 223 Euro im Monat bleiben unberücksichtigt, wenn die Sozialämter ausrechnen, ob Anspruch auf Grundsicherung im Alter besteht. Doch aufgepasst: Im Gegensatz zur Grundrente (Rentenzuschlag) wird die Grundsicherung (Sozialhilfe) nicht automatisch gewährt, sondern muss beantragt werden.

Beispiel:
Die Altersrente beträgt 850 Euro brutto. Zur Berechnung des Rentenfreibetrages werden zunächst einmal 100 Euro angesetzt, es verbleiben 750 Euro. Davon wird ein Betrag von 30 % errechnet (750 Euro x 30 % = 225 Euro), zusammen sind dies 325 EUR. Aufgrund der 50 %-Regelung ist der Anrechnungsfreibetrag jedoch auf 223 Euro gedeckelt. Die Rente wird also vom Sozialamt bei der Berechnung der Grundsicherung nur in Höhe von 627 Euro (850 Euro ./. 223 Euro) als eigenes Einkommen angerechnet.

Voraussetzung für den Rentenfreibetrag

Voraussetzung für den Rentenfreibetrag sind mindestens 33 Jahre sogenannter Grundrentenzeiten auf dem Rentenkonto. Dies ist die gleiche Bedingung wie beim Anspruch auf die neue Grundrente ab 2021, doch der Rentenfreibetrag ist nicht davon abhängig, dass auch tatsächlich Grundrente gewährt wird. Zu den Grundrentenzeiten zählen insbesondere die Pflichtbeitragszeiten aus Erwerbstätigkeit, einschließlich der Zeiten eines versicherungspflichtigen Minijobs, Kinderberücksichtigungszeiten bis zum 10. Geburtstag des Kindes (bei mehreren Kindern bis zum 10. Geburtstag des jüngsten Kindes), Zeiten der Pflege von Angehörigen, Zeiten und Leistungen bei Krankheit oder Reha.

Beispiel:
Eine Frau, die zwei Kinder erzogen hat, die altersmäßig sechs Jahre auseinander liegen, kommt auf 16 Jahre Kinderberücksichtigungszeit. Wenn sie darüber hinaus außerhalb dieses 16-Jahre-Zeitraums 17 Jahre sozialversicherungspflichtig beschäftigt war, hat sie im Alter Anspruch auf den Rentenfreibetrag. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie nun Anspruch auf die neue Grundrente hat.

Eine ähnliche Regelung gilt beim Wohngeld: Auch hier bleibt ab dem 1.1.2021 ein Betrag bis zu 223 Euro bei der Ermittlung des eigenen Einkommens anrechnungsfrei.

HINWEIS

Die „Grundrente“ ersetzt nicht die „Grundsicherung“. Manchmal können Grundrente und Wohngeld zusammen höher ausfallen als die Grundsicherung. Trotz Grundrente werden aber auch künftig viele Menschen auf Grundsicherung angewiesen sein, weil sie nicht genügend Beitragsjahre haben oder auch der Grundrentenzuschlag noch zu niedrig ausfällt. Und wegen des neuen Rentenfreibetrages werden künftig mehr Menschen einen Anspruch auf die Grundsicherung haben.

5 Kommentare zu “Grundsicherung: Neuer Rentenfreibetrag im Alter”:

  1. Christel Seider

    Mich würde interessieren, da ich Rentner bin, warum die Rente doppelt besteuert wird, denn ich habe ja bis zum Rentenbeginn meine Steuer als arbeitender Mensch in meiner Firma bezahlt? Kann ich etwas dagegen unternehmen, Dann brauche ich keine Rentenerhöhung, da ich sie für meinen Unterhalt nicht nutzen kann.
    LG

    1. Thilo Rudolph Autor

      Hallo Christel,

      die Rentenerhöhung ist voll steuerpflichtig und es gibt dafür keinen Freibetrag.

      Allerdings steigt auch der steuerliche Grundfreibetrag jährlich und liegt jetzt bei 9.744 Euro (2020: 9.408 Euro). Erst wenn die gesamten steuerpflichtigen Einkünfte über diesem Betrag liegen, fallen überhaupt Steuern an.

      Weitere Informationen zur Besteuerung der Rente finden Sie auch auf den Seiten der Deutschen Rentenversicherung (DRV).

      Bitte haben Sie Verständnis, dass wir aus rechtlichen Gründen keine individuelle steuerliche Beratung durchführen dürfen. Im Zweifelsfall wenden Sie sich bitte für eine verbindliche Auskunft an einen Steuerberater oder Rechtsanwalt in Steuerfragen in Ihrer Nähe.

      Mit freundlichen Grüßen

      Thilo Rudolph
      SteuerGo.de

  2. Jürgen

    Mit den 33 Jahren ist allerdings völliger Irrsinn. Ich bekomme die 33 Jahre nicht zusammen. Resultat: von der Minirente kann man nicht leben und sie wir zum ganzen in die Grundsicherung eingerechnet. Beispiel: 446 € Regelbedarf, abzüglich 30 € Wasser, 58 € Strom, 14 € Versicherung , Telefon 58 €, Arzt+ Medizin 120 €, Private Krankkenvers. 35 €, Einbehalt Sozialamt für Darlehen 40 €.
    Verbleibt zum Leben 91 €. (Pro 2,90Tag /student/texte/2023/310/ €). Würde ich meine Minirente von 128 € behalten dürfen, könnte man ohne Sonderausgaben davon leben. Genau an diese Rentner hat bei der Gesetzesänderung keiner gedacht. Hauptsache unsere Politiker können sich mit Diätenerhöhungen die eigenen Taschen vollstopfen !!!

  3. Piet

    Mich würde bzgl des Freibetrages interessieren, wie sich das bei dauerhaft, voll erwerbsgeminderten Rentnern stellt, die Grundsicherung beziehen. Diese können die zur Voraussetzung gemachten 33 Jahre in der Regel ja nie erreichen und so niemals den Freibetrag bekommen. In der Hinsicht halte ich die jetzige Regelung als Diskriminierend. Es werden kranke Menschen eindeutig schlechter gestellt.

    1. Jürgen

      Ich Dein Vorredner habe ähnlich formuliert, obwohl ich Deinen Gedankengang nicht mit einbezogen habe. Ich bin einer von diesen von Dir geschilderten erwerbsgeminderten. Den Tritt in den A…., oje der Stifel der Bonzen ist stecken geblieben. Wen man auch immer wählt, es ist immer der falsche. Die da oben sind schlimmer als die Gesamtschicht unserer Gesellschaft. Erst einmal ans eigene Wohl denken und die Taschen mit weiteren Diätenerhöhungen füllen.

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