Anliegerbeiträge: Keine Steuervergünstigung als Handwerkerleistungen

Aufwendungen für Handwerkerleistungen sind mit 20 Prozent, höchstens 1.200 EUR im Jahr, direkt von der Steuerschuld abziehbar (§ 35a Abs. 3 EStG). Begünstigt sind aber nur Arbeiten, die „im Haushalt“ erbracht werden. Dies umfasst Arbeiten, die im räumlichen Bereich eines vorhandenen Haushalts erbracht werden, wozu auch der zugehörige Grund und Boden gehört. Was aber gilt, wenn Arbeiten über die Grundstücksgrenze hinausgehen, wie es beispielsweise auf Erschließungskosten bzw. Anliegerbeiträge zutrifft.

Im Jahre 2014 hatte der BFH gegen den Fiskus entschieden, dass die Steuervergünstigung nach § 35a EStG nicht auf Leistungen beschränkt ist, die genau innerhalb der Grundstücksgrenzen erbracht werden. Vielmehr ist die erforderliche Verbindung zum Haushalt auch dann noch gegeben, wenn es sich um eine Maßnahme handelt, die die Grundstücksgrenze überschreitet und exklusiv dem Grundstück dient.

Hiervon ist insbesondere auszugehen, wenn der Haushalt an das öffentliche Versorgungsnetz angeschlossen wird (BFH-Urteil vom 20.3.2014, VI R 56/12). Doch auch wenn dieses positive Urteil des BFH nach wie vor Gültigkeit hat, muss doch beachtet werden, dass es später weitere Entscheidungen gab, die die Reichweite des Urteils aus 2014 beschränkt haben.

Fall 1: Ist ein Baukostenzuschuss für die Neuverlegung einer öffentlichen Mischwasserleitung als Handwerkerleistung steuerlich begünstigt?

Nein. Im Falle eines BFH-Urteils aus 2018 wurde der Baukostenzuschuss nicht erhoben für den Anschluss des Hauses an die Abwasserentsorgung, sondern für die Neuverlegung der öffentlichen Abwasserentsorgungsleitung bzw. Mischwasserleitung als Teil des öffentlichen Sammelnetzes. Und dafür kann keine Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen gewährt werden.

Im Unterschied zum Hausanschluss kommt der Ausbau des allgemeinen Versorgungsnetzes nicht nur einzelnen Grundstückseigentümern, sondern vielmehr allen Nutzern des Versorgungsnetzes zugute. Er wird damit nicht „im Haushalt“ erbracht. Insoweit fehlt es an einem räumlich-funktionalen Zusammenhang der Leistung mit dem Haushalt des einzelnen Grundstückseigentümers, da die Zahlung für den Ausbau des allgemeinen Versorgungsnetzes erfolgt (BFH-Urteil vom 21.2.2018, VI R 18/16).

Fall 2: Sind Anliegerbeiträge für eine Gemeindestraße oder für den Ausbau von Gehwegen und Straßenbeleuchtung als Handwerkerleistungen steuerlich begünstigt?

Nein. Anliegerbeiträge für den Ausbau einer öffentlichen Straße sind keine begünstigten Handwerkerleistungen. Denn die Erschließung einer öffentlichen Straße steht nicht im räumlich-funktionalen Zusammenhang zum Haushalt des Steuerpflichtigen, der aufgrund öffentlich-rechtlicher Verpflichtung zum Erschließungsbeitrag herangezogen wird.

Im Gegensatz zu einer individuellen Grundstückszufahrt ab der Straße ist der allgemeine Straßenbau nicht als eine im Haushalt erbrachte Handwerkerleistung anzusehen. Denn die Leistungen im allgemeinen Straßenbau kommen nicht nur einzelnen Grundstückseigentümern, sondern allen Nutzern zugute (BFH-Urteil vom 28.4.2020, VI R 50/17).

Aktuell hat die Finanzverwaltung bekannt gegeben, dass alle Einsprüche, die sich auf Erschließungskosten bzw. Anliegerbeiträge als haushaltsnahe Handwerkerleistungen richten und am 28.2.2022 anhängig waren, per Allgemeinverfügung zurückgewiesen werden. Das heißt: Die Einsprüche sind damit erledigt, ohne dass die jeweiligen Steuerbürger eine schriftliche Mitteilung vom Finanzamt bekommen. Gleiches gilt für entsprechende Anträge, die außerhalb eines Einspruchs gestellt wurden (Koordinierter Ländererlass vom 28.2.2022).

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Gegen die Allgemeinverfügung bzw. Ablehnung der geltend gemachten Kosten als Handwerkerleistungen kann jetzt nur noch die Klage vor dem Finanzgericht erhoben werden. Die Frist dafür beträgt ausnahmsweise ein Jahr. Aber dieser Schritt ist wenig erfolgversprechend, weil die Allgemeinverfügung auf zwei ablehnenden Entscheidungen des Bundesfinanzhofs beruht.